Vom Suchen und Finden - Die Entstehung von jadhe

Schon früh hatte Silke einen Traum. Einen, den sie selbst noch gar nicht so recht in Worte fassen konnte – das übernahm ihr Vater für sie. Zwölf Jahre ist sie damals alt, als die beiden durch Kassel bummeln. Vater und Tochter laufen von Laden zu Laden – fündig werden sie nicht. Denn dem jungen Mädchen gefällt das alles nicht. „Vielleicht“, so Silkes Vater damals, „musst Du eines Tages deine eigene Mode entwerfen.“ Ein Satz, der Silke, heute eine erwachsene Frau in den Vierzigern, hängen geblieben ist.

EIN WEG MIT STOLPERSTEINEN

Doch bis es soweit ist und die gebürtige Hessin den Mut findet, ihrem Herzen zu folgen, vergehen noch mehr als drei Jahrzehnte. Abitur, Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel, Textilfachschule in Nagold, Studium zur Textilbetriebswirtin – heute beschreibt sich Silke als Suchende, die damals ihren Weg nicht so recht finden wollte. Nach ihrem Studium arbeitet Silke im Innendienst eines großen Fashionunternehmens. Glücklich? Ist sie hier nicht – zu unkreativ, zu unpersönlich. Silke fehlt der Kontakt zur Ware und zum Kunden. Noch weniger wohl fühlt sie sich in ihrem nächsten Job: Als Assistentin der Geschäftsleitung eines renommierten Modehauses in Nordrhein-Westfalen hat sie zwar viel Verantwortung – doch auch hier sieht sie sich nicht und kündigt nach einem Jahr. „Ich hatte damals ein richtiges Tief, bin mit Mitte zwanzig wieder bei meinen Eltern eingezogen und wollte eine ganz andere berufliche Richtung einschlagen.“ Doch dann entdeckt Silke durch Zufall eine Annonce für ein Praktikum in einem Stuttgarter Modehaus im Bereich Einkauf. Dass sie dafür eigentlich überqualifiziert ist, stört sie nicht. „Mein Bauchgefühl hat mir damals gesagt, dass dies der richtige Weg für mich sein könnte.“ Wie sich später herausstellt, sollte dieses Gefühl Recht behalten. Als Einkaufsassistentin für Kinderkonfektion und schließlich Einkäuferin im Home&Living-Bereich bereist Silke die Welt. Vor allem Indien hat es ihr angetan. „Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich mit meinen europäischen Lebensgewohnheiten für diese ganz andere Welt begeistern konnte. Von da an, habe ich die fremdartige Kultur, die vielen Farben und Gerüche regelrecht aufgesogen“, schwärmt sie noch heute. Das Schönste an ihrem damaligen Job: Für die Kunden zu Hause die tollsten Produkte in aller Welt aufzuspüren und viele unfassbar tolle menschliche Begegnungen. Doch Silke will mehr. Nach jahrelangen Erfahrungen für den Flächenhandel möchte sie nun das Einkaufen im Onlinesegment erkunden, Silke sieht vor vielen Jahren bereits darin einen Markt mit Zukunftschancen. Auch hier arbeitet sie wieder im Einkauf, schon da in Berlin und lernt von der Pike auf, was Onlinehandel bedeutet. Noch ein weiteres Mal wechselt Silke dann den Job: Sie arbeitet für eine große Dekoartikel- und Wohnaccessoires-Kette, hat dort eine leitende Position. Doch sie spürt: Das ist es nicht, es ist Zeit für was Neues!

BERLIN IS CALLING

Den Wohnort wechseln und ganz von vorne anfangen – genau das ist Silkes Impuls im April 2020. Und sie fackelt nicht lang, zieht von Frankfurt zurück in die Hauptstadt. Diese Vielfalt, die Inspiration um sie herum, das gesamte Lebensgefühl – all das zieht sie immer wieder magisch an. Doch der Umzug ist nicht die einzige Veränderung in Silkes Leben. „In Berlin angekommen, habe ich den Entschluss gefasst, mich selbstständig zu machen“, so die heutige Businessfrau. Ein Wunsch, den sie, die in einem Unternehmerhaushalt aufwuchs, schon seit der Schulzeit hegt. Nur getraut, das hat sich Silke nie. In dem Jahr, in dem ein Virus die Welt lahmlegt, nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen. „Denn Sicherheit“, davon ist die Wahlberlinerin überzeugt, „ist so oder so eine Illusion.“ Silkes Vision: ein Online-Shop, der für Style, Kreativität, Luxus, aber auch für Bodenständigkeit steht. Tradition und Werte, gleichzeitig aber auch Moderne und Wandel möchte sie mit ihrer Lifestyle-Marke jadhe verkörpern. Ansprechen will sie damit Frauen, die genau wie auch sie selbst, vieles sind: mal wild, bunt und aufbrausend, mal ruhig und besonnen. Dabei geht es der Unternehmerin vor allem um eine bunte Mischung aus selbst designten Kleidungsstücken in limitierter Zahl sowie individuelle Marken oder besondere Stücke, die sie auf ihren Entdeckungsreisen aufspürt. Besonders wichtig sind ihr dabei die Menschen hinter den Produkten, ihre Geschichten und Werte.

NEUE IMPULSE

Inspiration für ihren Shop? Findet Silke überall – zum Beispiel auf den Straßen Berlins. Des Öfteren setzt sie sich in die Bahn, steigt an einer Station aus, die sie noch nicht kennt und erkundet dann Straßen, Parks, Shops und Cafés. „Am liebsten aber sitze ich im angesagten Prenzlauer Berg im Café Shuga, über dem ich eine 70 Quadratmeter große Altbauwohnung gemietet habe – oder bei meinem Lieblingsitaliener Sigismondo“, so Silke. „Ich schaue aus dem Fenster und hänge meinen Gedanken nach, schmökere in Magazinen oder surfe im Internet, wo ich ebenfalls auf Neues stoße, was mich dann wieder für mein Business inspiriert.“ Eine große emotionale Stütze ist nicht nur Silkes Partner. Bei großen Entscheidungen in ihrem Leben verlässt sich Silke auch gerne auf ihren Coach, der sie schon etliche Jahre begleitet. Und auf ihre Eltern, die sie in Sachen Selbstständigkeit stark geprägt haben. „Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten“, so lautet deren Lebensmotto – sowohl privat, als auch beruflich. Und auch für Silke ist das Mantra ihrer Eltern, das sie schon seit ihrer Kindheit kennt, zu ihrem ganz persönlichen Motto geworden. Eines, das die Unternehmerin, wie sie erzählt, schon erfolgreich durch so manches Tief getragen und den Weg zu Ihrem persönlichen Ziel bereitet hat.

Das Interview führte Stefanie Matousch, freie Journalistin, Hamburg